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Die 7 Grundhaltungen der Achtsamkeit


Achtsamkeit ist eine Art des Bewusstseins, mit der man das Hier und Jetzt wahrnimmt, ohne zu beurteilen. Aber wie kultivieren wir nun diese Praxis? Haltungen spielen dafür eine entscheidende Rolle. Die folgenden 7 Haltungen bilden die Grundlage des Mindfulness Based Stress Reduction“ (MBSR) Programms und sind laut Jon Kabat-Zinn eine gute Methode, um den Geist zu beruhigen, den Körper zu entspannen, sich zu konzentrieren und klarer zu sehen.


1. Anfänger-Geist (Beginner’s Mind)

Die meiste Zeit fällt es uns schwer, uns offen auf Situationen oder Personen einzulassen, wir sind nun mal voreingenommen. Unsere Erfahrungen leiten uns dazu, so zu handeln, wie es sich in der Vergangenheit bewährt hat. Damit verspielen wir uns die Möglichkeit, neue Erfahrungen zu sammeln und unsere Handlungsspielräume zu vergrößern. Im Anfänger-Geist haben wir keine Erwartungen und sind so unvoreingenommen, als würden wir jede Situation zum ersten Mal erleben.


2. Nicht werten (Non-Judging)

Eine nicht-wertende Wahrnehmung bedeutet nicht, dass man gar nichts mehr bewertet. Es geht eher darum, sich bewusst zu werden, dass man bewertet und dies wiederum nicht zu bewerten. Wenn wir darauf achten, wie wir Personen oder Situationen bewerten, stellen wir schnell fest, wie voreilig wir kategorisieren: das bekannte Schwarz-Weiß-Denken. Wir können uns aber bestimmt darauf einigen, dass Dinge selten entweder das eine oder andere sind. Mit einer nicht-wertenden Haltung werden wir also bemerken, dass unsere Wahrnehmung etwas eingeschränkt oder sogar verzerrt sein kann. So lernen wir dann zu differenzieren und Situationen klarer wahrzunehmen. Dies führt dazu, dass wir uns nicht mehr mit den Gegebenheiten identifizieren und stattdessen situationsangemessener und selbstbestimmter handeln.


3. Akzeptanz (Acceptance)

Akzeptanz ist das Gegenteil von passiver Resignation. Die akzeptierende Haltung bedeutet also, Widerstände gegen das „Sosein“ der Gegebenheiten abzubauen und die Dinge so anzuerkennen, wie sie sind. Dies schafft eine innere Distanz, durch die dann Raum geschaffen wird, sich in Ruhe einen angemessenen Umgang mit der Situation zu überlegen.


4. Nicht streben (Non-Striving)

Diese Haltung ist meiner Meinung nach am schwierigsten zu verstehen. Es geht darum, kein Ziel zu haben, weniger zu tun und stattdessen mehr zu sein. Durch Nachdenken löst man diesen scheinbaren Widerspruch nicht auf, sondern nur durch das Erleben dieser „nicht strebenden“ Haltung selbst. So versuchen wir, nicht an die Zukunft zu denken, da wir somit den einzigen Zeitpunkt verpassen, in dem wir wirklich etwas verändern können: die Gegenwart.


5. Seinlassen (Letting go)

Seinlassen wird auch als Loslassen bezeichnet, bedeutet aber nicht, etwas wegzuwerfen. Mit unseren Erfahrungen wachsen auch Denkmuster und Verhaltensweisen und führen so irgendwann zu einem Autopiloten, der bei bestimmten Reizen automatisch anspringt. Dieser Autopilot hat seine Berechtigung, da er oft hilfreich sein kann, aber häufig beeinträchtigt er dadurch die klare Sicht auf die Realität. In der Haltung des Seinlassens erleben wir die Freiheit, den festgefahrenen Mustern nicht nachzugeben. So können wir den Kopf freihalten für neue Erfahrungen und für mehr Selbstbestimmung. Ein gutes Beispiel für Loslassen ist der Atem: Um einatmen zu können, müssen wir erstmal einen anderen Atemzug loslassen.


6. Geduld (Patience)

Eine geduldige Haltung bedeutet anzuerkennen, dass alles im Leben seine Zeit hat. Wenn wir ständig zu neuen Momenten eilen, führt es dazu, dass wir nie dort sind, wo wir gegenwärtig sind. Diese Haltung führt oft zu einer inneren Zufriedenheit, da sie stark mit der Akzeptanz-Haltung verbunden ist. Auch Gelassenheit spielt hierbei eine wichtige Rolle: nicht reaktiv zu sein, sondern mit Ruhe und Ausgeglichenheit zu handeln.


7. Vertrauen (Trust)

Manche Menschen sind so mit den Meinungen anderer beschäftigt, dass sie vergessen haben, auf ihre eigene innere Stimme zu hören. Wenn wir uns vertrauen, orientieren wir uns nicht mehr blind an den Ansichten anderer, sondern stärken das Vertrauen in unsere eigene innere Weisheit. Aber auch auf unseren Körper vertrauen wir – zum Beispiel, dass er von selbst atmet. Je mehr Vertrauen wir zu uns selbst haben, desto mehr haben wir auch Vertrauen zu anderen Menschen, der Natur und unseren Herausforderungen im Leben.


Vielleicht fühlen Sie sich ein wenig erschlagen von den vielen Haltungen… Jedoch ist die gute Nachricht, dass wir durch diese inneren Haltungen eine Art „Anleitung“ haben, wie wir Achtsamkeit in uns selbst kultivieren können. Wir können Achtsamkeit also lernen und trainieren. – Und das ist doch motivierend, nicht?


Ich schlage Ihnen vor, dass Sie sich für den Anfang eine der 7 Haltungen aussuchen und sich damit eine Woche lang beschäftigen. So werden Sie nämlich auch merken, dass allein die Übung einer Haltung zu einer Festigung der anderen führt. Jeder Weg fängt nämlich mit einem kleinen Schritt an, oder wie Charles Dickens sagte:

„Auch eine schwere Tür hat einen kleinen Schlüssel nötig.“

Setzen Sie sich also nicht unter Druck, direkt alle 7 Grundhaltungen einzunehmen. Nach deinem ersten kleinen Schritt werden Sie schon merken, wie groß die Wirkung sein kann.

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